Chemotherapie-induzierte periphere Neuropathie
Eine Chemotherapie induzierte peripheren Neuropathie (CIPN) hat einen Einfluss auf die onkologische Therapie (Dosisreduktion, Therapieabbruch), auf die Lebensqualität (Schmerzen, Angst, Depression, Schlafstörungen) und kann Komorbiditäten induzieren (Sturzneigung mit Frakturen).
CIPN ist kein einheitliches Syndrom, sondern unterscheidet sich in Abhängigkeit der verursachenden Substanzgruppe durch unterschiedliche pathophysiologische Mechanismen aber auch innerhalb einer Substanzgruppen durch differierende Phänotypen der neuropathischen Beschwerden (zum Beispiel Kälte-induzierte Allodynie bei Oxaliplatin).
Die Substanzen, die mit Abstand am häufigsten in Studien untersucht wurden sind, die Taxane und alle Platinderivate.
CIPN durch Vinka-Alkaloide
Alle Vinca-Alkaloide können dosisabhängig zu einer sensomotorischen Neuropathie führen. Diese ist bei Vincristin und Vindesin deutlich stärker ausgeprägt als bei Vinblastin, Vinflunin und Vinorelbin. Es existiert weder eine etablierte Prophylaxe noch eine spezifische Therapie der durch Vinca Alkaloide induzierten CIPN. Die Neurotoxizität der Vinca Alkaloide kann durch die gleichzeitige Gabe von Itraconazol oder L-Asparaginase deutlich gesteigert werden. Wird Vincristin 12 Stunden vor L-Asparaginase gegeben reduziert dies die Gefahr der CIPN. Bei dem Vorliegen einer Marie-Charcot-Tooth Erkrankung (Synonym: Hereditäre moto-sensorische Neuropathie Typ I) entwickelt sich nach der Gabe von Vinca Alkaloiden eine sehr schwere langanhaltende sensomotorische Neuropathien. Klinik und Genetik der Marie-Charcot Tooth Erkrankung sind sehr heterogen weswegen Patienten mit dieser Erkrankung asymptomatisch und eine unauffällige Familienanamnese haben können.
CIPN durch Platinderivate
Bei den Platinderivaten zeichnen sich besonders Oxaliplatin und Cisplatin durch ein hohes neurotoxisches Potential aus. Dagegen ist die Neurotoxizität von Carboplatin außerhalb der Hochdosistherapie deutlich geringer. Ein Coasting Phänomen kann besonders bei Cisplatin und Oxaliplatin, seltener bei Carboplatin gesehen werden. Für Platinderivate existiert weder eine etablierte Prophylaxe noch eine etablierte Therapie der CIPN. Die Daten zur prophylaktischen Calcium/Magnesium Gabe bei Oxaliplatin sind sehr widersprüchlich.