Beschreibung
Übelkeit und Erbrechen (Nausea und Emesis) sind häufige Nebenwirkungen von Krebsbehandlungen mit Chemotherapie oder Strahlentherapien. Sie können am Tag der Therapie auftreten, oder erst in den darauffolgenden Tagen. Wie stark die Beschwerden sind und wie lange sie andauern, hängt von der Art der Krebsmedikamente ab und davon, welche Körperregion bestrahlt wird.
Wenn Menschen bei einer Chemotherapie oder Bestrahlung schon einmal Übelkeit und Erbrechen erleben, kann dies dazu führen, dass bei einer erneuten Krebstherapie die Beschwerden bereits vor der Behandlung auftreten. Daher gehört es zu den Grundsäulen der unterstützenden (supportiven) Krebstherapie, Übelkeit und Erbrechen wirksam vorzubeugen und zu behandeln. Weiterführende Informationen dazu finden Sie in der Patientenleitlinie zur supportiven Therapie (2018).
Behandlung
Medikamente, die Übelkeit und Brechreiz mindern sowie das Erbrechen (Emesis) verhindern, werden Antiemetika genannt. Sie sind fester Bestandteil der supportiven Krebstherapie.
Damit sie ihre Wirkung möglichst gut entfalten, sollten sie nach den Empfehlungen der Leitlinien verordnet und eingenommen werden. So kann Übelkeit und Erbrechen in den meisten Fällen effektiv vorgebeugt und behandelt werden. Weiterführende Informationen dazu finden Sie in der Patientenleitlinie zur Supportiven Therapie (2018).
Um die antiemetische Therapie möglichst gut an die individuelle Situation anpassen zu können, ist es für die behandelnden Fachleute sehr wichtig, dass Patientinnen und Patienten ihnen genau mitteilen, ob und wann Übelkeit und Erbrechen während einer Chemotherapie aufgetreten sind, wie ausgeprägt diese waren und wie sehr Ihre Lebensqualität dadurch eingeschränkt war. Das gilt insbesondere auch für die Tage nach der Chemotherapie, an denen die Patientinnen und Patienten wieder zuhause sind
Therapieverfahren der integrativen Onkologie
Die integrative Onkologie bietet verschiedene Verfahren an, die ergänzend eingesetzt werden können. Zu einigen gibt es Ergebnisse aus klinischen Studien, zu anderen fundierte fachliche Behandlungserfahrungen.
In klinischen Studien untersuchte Verfahren
Die Ergebnisse klinischer Studien geben Anhaltspunkte für eine Wirksamkeit von Akupunktur zur Behandlung einer chemotherapiebedingten Übelkeit (CINV). Nach der Leitlinie zur Komplementärmedizin (2021) kann Akupressur sowohl bei der CINV als auch bei der durch Strahlentherapie bedingten Übelkeit und Erbrechen eingesetzt werden. Die Leitlinie begrenzt ihre Empfehlung auf eine begleitende Chemotherapie mit Platin-Medikamenten.
Die Akupressur ist eine Variante der Akupunktur, bei welcher Akupunkturpunkte mittels Fingerdruck stimuliert werden. Nach der Leitlinie zur Komplementärmedizin (2021) kann Akupressur sowohl bei chemotherapiebedingter als auch bei durch Strahlentherapie verursachter Übelkeit und Erbrechen eingesetzt werden.
Bei der Behandlung von Übelkeit und Erbrechen mit Akupunktur werden feine Nadeln an bestimmten Körperpunkten eingesetzt. Dadurch soll das Gleichgewicht der Körperenergie wiederhergestellt werden. So können starke Reaktionen des Körpers beruhigt und Symptome wie Übelkeit und Erbrechen gemindert werden.
Die Akupunktur ist ein therapeutisches Verfahren der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Sie wird durch ausgebildete Therapeutinnen und Therapeuten zur Vorbeugung oder Behandlung von Symptomen und Erkrankungen eingesetzt. Die Akupunktur selbst gilt bei fachkundiger Ausführung als sicheres und nebenwirkungsarmes Verfahren. Eine Akupressur kann in Selbstanwendung durchgeführt werden.
Patientinnen und Patienten können entsprechende Angebote für eine Akupunktur bei ihrem Behandlungsteam erfragen.
Weiterführende Informationen finden Sie hier: Akupunktur
Hypnotherapie (klinische Hypnose) kann helfen, Übelkeit und Erbrechen bei Patientinnen und Patienten während einer Krebsbehandlung zu mindern. Hierzu gibt es Hinweise zur Wirksamkeit aus klinischen Studien, insbesondere bei der antizipatorischen Übelkeit/Erbrechen (aufgrund erwarteter Nebenwirkungen). Die Leitlinie zur Komplementärmedizin (2021) und die Leitlinie zur Supportiven Therapie (2020) erwähnen Hypnotherapie in diesem Zusammenhang nicht.
Die Hypnotherapie ist ein psychotherapeutisches Verfahren. Zentrales Element ist die Hypnose, für die Patientinnen und Patienten in einen tranceartigen Bewusstseinszustand gebracht werden. In diesem Status können unbewusste Denk- und Verhaltensmuster verändert und neu erlernt werden.
Dadurch kann z.B. die Wahrnehmung belastender Symptome wie Übelkeit verändert und der Umgang damit erleichtert werden. Die Hypnotherapie arbeitet auch mit Entspannungstechniken und Phantasiereisen. Wenn speziell geschulte Therapeutinnen und Therapeuten sie durchführen, gilt die Hypnotherapie als sicheres Verfahren.
Patientinnen und Patienten können nach erfahrenen Hypnotherapeutinnen oder -therapeuten mit einer entsprechenden Zusatzausbildung suchen. In Deutschland ist die Hypnotherapie eine von den gesetzlichen Krankenkassen anerkannte Leistung. Daher kann es ein Qualitätskriterium sein, ob eine Therapeutin oder ein Therapeut die Behandlungskosten mit der Krankenkasse abrechnen kann.
Weiterführende Informationen finden Sie hier: Hypnotherapie
Die Wirksamkeit von Medizinischem Cannabis und Cannabinoiden bei chemotherapiebedingter Übelkeit und Erbrechen wurde in klinischen Studien untersucht. Daraus gibt es Anhaltspunkte für eine Wirksamkeit in bestimmten Situationen, wenn sie zusätzlich zur Standardmedikation gegeben werden. In allen deutschen Leitlinien wird die Anwendung von Cannabinoiden bei Übelkeit und Erbrechen erst empfohlen, wenn alle anderen Therapien nicht ausreichend wirken. So sind gemäß der Leitlinie zur Supportiven Therapie (2021) Cannabinoide „im Ausnahmefall (…) zu erwägen“. Zudem können sie nach der Leitlinie zur Palliativmedizin (2020) bei unzureichendem Ansprechen auf die medikamentöse Standardtherapie bei Übelkeit und Erbrechen als Reservemittel eingesetzt werden.
Medizinischer Cannabis und Abkömmlinge der Substanz (Cannabinoide) wirken individuell sehr unterschiedlich, können aber die Sinneswahrnehmungen verändern und verstärken. So können sie den Appetit steigern, das Geschmackserleben verbessern und Übelkeit reduzieren. Die Arzneimittel werden in Form von Tabletten/Kapseln, Tee, als ölige oder alkoholische Lösung, als Spray zur Anwendung in der Mundhöhle oder als Inhalation hergestellt.
Als unerwünschte Wirkungen können u.a. Stimmungsänderungen (Euphorie/Dysphorie), Depression, Angst und Paranoia, Gefühl der Depersonalisation, Halluzinationen, Gedächtnisstörung, verschwommenes Sehen und Schwindel, niedriger Blutdruck, Herzrasen sowie Mundtrockenheit auftreten. Auch die Verkehrstüchtigkeit kann eingeschränkt sein.
Als Gegenanzeige für die Anwendung von Cannabis gelten psychotische Erkrankungen oder die familiäre Vorbelastung für solche Erkrankungen. Schwangere, stillende Mütter sowie Männer und Frauen mit Kinderwunsch sollten aufgrund der unklaren Auswirkungen auf Fruchtbarkeit und das Ungeborene keine Cannabis-Präparate einnehmen. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind möglich, weswegen die Einnahme mit dem Behandlungsteam abgesprochen werden sollte.
Medizinischer Cannabis ist über jede Apotheke in Deutschland mit einem entsprechenden Rezept erhältlich und sollte auch nur dort erworben werden. Fragen Sie Ihr Behandlungsteam, ob Cannabinoide für Sie in Frage kommen.
Weiterführende Informationen finden Sie hier: Medizinischer Cannabis
Progressive Muskelrelaxation (PMR) kann dazu beitragen, Übelkeit zu lindern. In Studien zeigten sich Anhaltspunkte darauf, dass PMR die Dauer der Übelkeit reduzieren kann. Häufigkeit oder Intensität können nicht sicher vermindert werden. Die Leitlinie zur Komplementärmedizin (2021) und zur Supportiven Therapie (2020) erwähnen PMR nicht.
PMR ist ein Verfahren, bei dem nacheinander verschiedene Muskelgruppen angespannt und wieder entspannt werden. Es hat eine ausgleichende und beruhigende Wirkung und wird daher auch zur Behandlung von Übelkeit eingesetzt. PMR kann von Angehörigen der Gesundheits-, Heil- und Pflegeberufe durchgeführt werden. Eine Sitzung im Rahmen eines Kurses dauert üblicherweise 60 Minuten und ist relativ kostengünstig. PMR gilt als sicheres Verfahren. Wenn eine psychiatrische Vorerkrankung besteht, sollte PMR nicht angewandt werden.
PMR kann in Gruppen- oder Einzelkursen erlernt und dann auch selbständig durchgeführt werden. Patientinnen und Patienten können Angebote beim Behandlungsteam erfragen. Ein selbständiges Erlernen des Verfahrens mit Hilfe von Büchern, CDs oder Online-Tutorials ist auch möglich.
Weiterführende Informationen finden Sie hier: Progressive Muskelrelaxation
Yoga wurde bei Übelkeit und Erbrechen in klinischen Studien untersucht. Die Daten reichen derzeit nicht aus, um eine gesicherte Aussage zur Wirksamkeit zu treffen. Die Leitlinie zur Komplementärmedizin (2021) gibt aufgrund fehlender Daten keine Empfehlung in dieser Situation für oder gegen Yoga.
Während einer Krebsbehandlung können Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen auftreten und zu Stress führen. Yoga-Übungen werden ausgleichende Wirkungen zugeschrieben. So kann die Ausübung von körperlichen und geistigen Yoga-Übungen helfen, Stress-Hormone abzubauen und die Aktivierung des aktivierenden Nervensystems (Sympathikus) zu reduzieren und zugleich den Kreislauf anzuregen und Antrieb zu gewinnen. Die Übungen sind mit etwas Geduld gut erlernbar und können in den Alltag integriert werden.
Sicherheitsbedenken gibt es wenige. Es ist wichtig, die Techniken richtig zu erlernen und sich nicht zu überschätzen. Bei falscher Ausführung können Muskeln und Gelenke überlastet und Nerven geschädigt werden. Operierte Körperregionen sind zu schonen. Daher sollte vor Beginn Rücksprache mit dem Behandlungsteam gehalten werden.
Yoga kann sowohl in Online-Kursen oder mittels Bücher, als auch vor Ort in Yoga-Studios, Volkshochschulen, Fitnessstudios oder bei anderen Anbietern erlernt werden. Krankenkassen übernehmen teilweise die Kosten.
Weiterführende Informationen finden Sie hier: Yoga
Verfahren aus der Behandlungspraxis
Aus langjährigen Behandlungserfahrungen gibt es weitere, mit wenig Aufwand umzusetzende Maßnahmen, die helfen, Übelkeit und Erbrechen vorzubeugen oder die Beschwerden zu mindern. Patientinnen und Patienten können hier selbst auswählen und probieren, was guttut und hilft.
Bei der Aromatherapie werden ätherische Öle aus unterschiedlichen Pflanzen in Form von Massagen, Inhalationen oder Bädern angewandt. Sie soll entspannende Wirkungen auf den Körper, das Nervensystem und den Gemütszustand haben. Im Weiteren finden Sie mögliche Anwendungen aufgeführt, die sich bei Übelkeit bewährt haben.