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Kompetenznetz KOKON

Mukositits

# Einleitung

Die Mukositis ist eine typische Nebenwirkung tumorspezifischer Therapien, insbesondere nach Strahlen- und Chemotherapie aber auch in Folge von Molekularen Therapien wie z.B. EGFR-Inhibitoren oder -Antikörper. Je nach Ort des Auftretens der Schleimhautschädigung unterscheidet man verschiede Mukositiden: Orale Stomatitis, ösophageale Mukositis, gastrointestinale Mukositis, Proktitiden oder auch vaginale Mukositis. Ob eine Mukositis auftritt und mit welchem Schweregrad hängt von dem schleimhauttoxischen Potential der Substanz, von der Dosis einer Chemo- oder Radiotherapie ab und inwiefern Schleimhäute in das Strahlenfeld eingeschlossen sind. Für die Klassifizierung der Schweregrade eignet sich die CTC-/ und RTOG-Gradeinteilung. Eine differenzierte Darstellung zur Erhebung und Graduierung, sowie zu prophylaktischen Maßnahmen und zur Therapie der Mukositis finden sich in der aktuellen S3-Leitlinie Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen (2020)

# Wissen aus klinischen Studien

Die Auswertung der klinischen Studien zu den einzelnen Verfahren ergibt folgendes Bild (Stand 2022): 

1) Prophylaxe der Radiotherapie-assoziierten Mukositis:

2) Prophylaxe der Chemotherapie-asssoziierten Mukositis:

3) Therapie der Radiotherapie-assoziierten Mukositis

4) Therapie der Chemotherapie-assoziierten Mukositis

  • Die Studienergebnisse waren widersprüchlich oder nicht aussagefähig für: Gelee Royal

# Aussagen in deutschsprachigen Leitlinien

S3-Leitlinie Supportive Therapie bei onkologischen Patienten (2020)

Prophylaxe:

  • Empfehlung zahnärztliche Maßnahmen vor Beginn der Therapie (bspw. Glättung scharfer Kanten, Versorgung von Schleimhautdefekten, Fluoridierung) und während der Therapiephase:

    • eine standardisierte Mundpflege, mit weichen Zahnbürsten und interdentaler Reinigung mit Zahnseide)

    • die Vermeidung von scharfen, heißen oder säurehaltigen Nahrungsmitteln und/oder Getränken

    • mehrfach tägliche Mundspülungen mit Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung und

    • regelmäßige klinische Untersuchungen der Schleimhäute („soll“ Empfehlungen).

  • Aufgrund der Studienergebnisse gibt sie keine allgemeinen Empfehlungen für oder gegen das Spülen mit anderen Substanzen (bspw. Natriumhydrogencarbonat, Calciumphosphat, Lidocain, Salbei).

  • Zur Prophylaxe der radiotherapieassoziierte OM empfiehlt sie Mundspülungen mit Benzydamin („sollte“) und die (zeitliche begrenzte) orale Einnahme von Zink („kann“ Empfehlung).

  • Antibiotische oder antimykotische Mundspüllösungen oder solche mit Sucralfat, Misoprostol oder Honig „sollen“ nicht eingesetzt werden.

  • Keine Empfehlungen für oder gegen Aloe Vera, Glutamin, Hyaluronsäure, Indigowood-Mundspülung, Kamille, Kefir, Manuka-/Kanuka-Öl, Speichelersatzmittel, Vitamin A, Vitamin E., Mischvitamine und Enzympräparate

  • Prophylaxe der OM durch Ganzkörperbestrahlung im Rahmen einer allogenen SZT empfiehlt sie eine 30-minütige orale Kryotherapie, bspw. durch Lutschen von Eiswürfeln.

  • Prophylaxe der chemotherapie-assoziierte oralen Mukositis Empfehlung bei Bolusgabe von 5-Fluouracil eine 30-minütige orale Kryotherapie, bspw. durch Lutschen von Eiswürfeln, was auch während der Konditionierungschemotherapie im Rahmen der allogenen Stammzelltransplantation angewendet werden „kann“.

  • Von Mündspülungen mit Sucralfat rät die S3-LL ST ab („soll nicht“ Empfehlung).

  • Aufgrund der nicht ausreichenden Studienergebnisse keine Empfehlungen für oder gegen: Allupurinol, Glutamin, Honig, Kamille, Kamillosan, Low-level Lasertherapie, Pilocrapin, Rhodiola algida, Traumeel und Vitamine.

Therapie

  • Oben genannte Verhaltensweisen zur Mundpflege und Ernährung fortführen und durch eine analgetische Therapie ergänzen. Zusätzlich „kann“ bei Schmerzen eine 0,5%ige Doxepin-Mundspüllösung „eingesetzt werden“ (off-label). Sucralfat „soll nicht“ hierfür ein-gesetzt werden.

  • Zur Therapie der radiotherapieassoziierten Mukositis Empfehlung „die frühzeitige symptomorientierte und antiinfektive Therapie“.

    • Primär „sollen“ topische Schmerzmittel „eingesetzt werden“, z.B. „kann“ eine Spülung mit 0,2%iger Morphin-Lösung oder 0,5%iger Doxepin-Lösung (off-label) „ein-gesetzt werden“.

    • Sucralfat „soll nicht eingesetzt werden“.

    • Weiterhin „kann“ orales Zink und eine intraorale LLLT (low level laser therapy) „eingesetzt“ bzw. „erwogen werden“.

S3-Leitlinie klinische Ernährung in der Onkologie (2015)

Prophylaxe:

  • Empfehlung Gabe von Glutamin „nicht generell“.

  • Bezüglich der Prophylaxe der chemotherapieassoziierten oralen Mukositis Empfehlung , dass Sucralfat „nicht eingesetzt werden soll“.

  • Bei allogener Stammzelltransplantation abraten von der Gabe von Glutamin („soll nicht“ Empfehlung) sowie von Pentoxiphyllin und Pilocarpin („sollte nicht Empfehlung).

S3-Leitlinie Komplementärmedizin bei onkologischen Patienten (2021)

Therapie

  • Keine Unterscheidung zwischen Prophylaxe und Therapie.

  • Laut der Leitlinie „kann“ Selen bei Selendefizit für die radiogene Mukositis des Beckenbereichs und des Mundbereichs „eingesetzt werden“. Ausgenommen werden die Mukositis bedingt durch die Therapien bei Hochdosis-Chemotherapie- und der allogenen Stammzelltransplantation.

  • Bei der strahleninduzierten Mukositis „kann“ Zink eingesetzt werden. Vitamin E. „soll nicht eingesetzt werden“.

  • Bei der Chemotherapie-induzierten Mukositis empfiehlt sie, dass Zink „nicht eingesetzt werden soll“ und Vitamin E. „nicht eingesetzt werden sollte“.

  • Keine Empfehlung für oder gegen den Einsatz von Kurkumin aufgrund nicht ausreichender Daten.