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Kompetenznetz KOKON

Fatigue

# Einleitung

Fatigue steht als Sammelbegriff für Symptome der Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Erschöpfung und mangelnde Energiereserven. Von allen Symptomen und Beschwerden, unter denen Krebspatientinnen und -patienten leiden, sind die der Fatigue die häufigsten und belasten die Betroffenen am stärksten.

Fatigue schränkt die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit vieler Betroffenen ein, bis hin zu Berufs- und Erwerbsunfähigkeit und stellt einen unabhängigen Risikofaktor für eine erhöhte Morbidität und Mortalität dar.

Trotz der Verbreitung nehmen Behandler das Ausmaß der Belastungen im onkologischen Versorgungsalltag nicht ausreichend wahr und unterschätzen die Behandlungsbedürftigkeit. Fehlende Zeit und der Mangel an Kenntnissen über ursächliche Zusammenhänge, diagnostisches Vorgehen und Therapiemöglichkeiten sind häufige Gründe dafür. Zudem sprechen Betroffene die Beschwerden oft nicht an, weil sie diese als ‚zur Krankheit und Therapie gehörend‘ betrachten.

Fatigue entsteht durch multikausale Vorgänge, die durch den Tumor oder die Therapie bedingt sein können. Sie können aber auch Ausdruck einer genetischen Disposition, somatischer oder psychischer Erkrankungen, oder verhaltens- oder umweltbedingter Faktoren sein.

Das Zentrum der Therapie bilden nicht-medikamentöse Therapieansätze. Sie können in begründeten Einzelfällen durch Medikamente ergänzt werden. Nach allen Kenntnissen sollte die Behandlung frühzeitig beginnen, um einer möglichen Chronifizierung entgegenzuwirken.

# Wissen aus klinischen Studien

Die Auswertung der klinischen Studien zu den einzelnen Verfahren ergibt folgendes Bild (Stand 2023):

# Aussagen in deutschsprachigen Leitlinien

S3-Leitlinie Komplementärmedizin bei onkologischen Patienten (2023)

  • Es sollten während und nach Abschluss der Chemo-/Radiotherapie soll körperliche Aktivität, sollte TaiChi, Qigong und Yoga und kann MBSR, Akupunktur, Akupressur, ein individualisiertes multimodales komplementärmedizinisches Angebot oder eine anthroposophische Komplexbehandlung angeboten werden.

  • Es kann Ginseng eingesetzt werden.

  • Aufgrund nicht ausreichender Studienergebnisse kann keine Empfehlung für oder gegen Bryophyllum, Carnitin und Zink gegeben werden.

  • Eine Bioenergiefeldtherapie sollte nicht durchgeführt werden.

S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms (2021)

  • Patientinnen mit chronischem Erschöpfungs- und Müdigkeitssyndrom (Fatigue) nach Behandlung eines Mammakarzinoms sollen über körperliche Trainingsstrategien und psychosoziale Hilfen informiert werden. 

  • Es kann Akupunktur zur Behandlung der Fatigue erwogen werden.

S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Hodgkin Lymphoms bei erwachsenen Patienten (2022)

Diagnostik: 

  • Patienten sollen im Rahmen der Nachsorge zum Vorliegen von Fatigue-Symptomen befragt werden. (Hodgkin Lymphom)

  • Zur genaueren Erfassung der Fatigue sollten geeignete Fragebögen eingesetzt werden. (Hodgkin Lymphom) 

  • Bei Symptomen von Fatigue sollen körperliche Erkrankungen und psychische Erkrankungen als Ursache der Beschwerden ausgeschlossen (Hodgkin Lymphom) 

  • Bei Verdacht auf das Vorliegen von Fatigue, sollte der Patient an einen in der Diagnose und Behandlung von Fatigue-erfahrenen Arzt oder Psychologen überwiesen werden. (Hodgkin Lymphom) 

Nicht medikamentöse Therapie

  • Zur Reduzierung des Fatigue-Syndroms bei Krebspatienten soll ein sich an der individuellen Belastungsfähigkeit orientierendes Ausdauertraining im Rahmen der Bewegungstherapie durchgeführt werden.(Psychoonkologie/Hodgkin Lymphom) 

Erweiterte S3-Leitlinie Palliativmedizin bei nicht heilbaren Krebserkrankungen (2020)

Diagnostik

  • Screening für Fatigue bei Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung sollte Fragen zu Schwäche und Müdigkeit enthalten wie „Fühlen Sie sich außergewöhnlich müde und/ oder schwach?“ oder „Wie müde sind Sie? Wie schwach sind Sie?“ 

Nicht-Medikamentöse Therapie

  • Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung und Fatigue sollten ein regelmäßiges aerobes Ausdauer- und Krafttraining, psychoedukative Verfahren, insbesondere kognitive Verhaltenstherapien, sowie eine Beratung zu Strategien zum Energiemanagement und zur energieadaptierten Tagesstruktur angeboten werden. 

Medikamentöse Therapie

  • In der palliativmedizinischen Versorgungssituation können „off-label“ Therapieversuche mit Methylphenidat, Modafinil oder Kortikosteroiden erwogen werden, Erythropoetin zur Behandlung von Fatigue sollte nicht zum Einsatz kommen. 

S3-Leitlinie Diagnostik und Therapie des Adenokarzinoms des Magens und des gastroösophagealen Übergangs (2019) 

S3-Leitlinie Psychoonkologische Diagnostik, Beratung und Behandlung von erwachsenen Krebspatienten (2023)

  • Entspannungsverfahren sollen Krebspatient*innen unabhängig vom Belastungsgrad zur Reduktion von Angst, Depressivität, psychischer Belastung, Fatigue und Übelkeit sowie zur Steigerung der Lebensqualität angeboten werden.

S3-Leitlinie Diagnostik,Therapie und Nachsorge für Patienten mit einem follikulären Lymphom (2020)

  • Krankheitsfolgen und Folgeerkrankungen einschließlich psychosomatischer und psychosozialer Belastungen (z.B. Fatigue, Angststörungen) sollen regelmäßig überwacht werden. Neben der Beratung sind ggf. ergänzende Hilfeangebote zu vermitteln. (Follikuläres Lymphom)