Hintergrund
Progressive Muskelrelaxation (PMR) ist eine Technik, bei der die Hauptmuskelgruppen des Körpers nacheinander angespannt und anschließend entspannt werden, um körperliche und psychische Anspannung zu reduzieren, Stress abzubauen und Entspannung zu fördern. PMR soll die Aktivität des autonomen und zentralen Nervensystems senken und die parasympathische Aktivität erhöhen. In der onkologischen Supportivtherapie wird PMR eingesetzt, um Symptome wie Angst, Depression, Fatigue und therapiebedingte Nebenwirkungen zu lindern. Sie unterscheidet sich von anderen Entspannungsverfahren wie autogenem Training durch den Fokus auf aktive Muskelanspannung.
Wirksamkeit
Die Evidenz für PMR basiert auf zwei systematischen Übersichtsarbeiten (2019 und später), die 12 bzw. 6 randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) mit insgesamt 1435 Teilnehmer*innen sowie 25 weitere RCTs und nicht-randomisierte Studien umfassen.
Die Gesamtschau der Ergebnisse in der onkologischen Supportivtherapie zeigen heterogene, aber teilweise positive Effekte:
Angst: PMR verbessert Angstsymptome besser als Standardbehandlung und vergleichbar mit anderen Interventionen bei verschiedenen Tumorerkrankungen (moderate bis hohe Evidenzsicherheit, 1 SR, 5 RCTs, 1 nicht-randomisierte Studie).
Depression: PMR kann Depressionssymptome lindern, jedoch ist die Studienqualität niedrig bis sehr niedrig (1 SR, 3 RCTs, 1 nicht-randomisierte Studie).
Fatigue/Schlaf: Die Ergebnisse sind uneinheitlich; eine SR fand keinen Effekt auf Fatigue, während drei RCTs Verbesserungen bei Schlaf (Palliativversorgung), Fatigue (Brustkrebs) sowie Schlaf und Fatigue (Kopf-Hals-Tumoren) nahelegen (niedrige Evidenzsicherheit).
Übelkeit/Erbrechen: PMR kann chemotherapieinduzierte Übelkeit und Erbrechen lindern (2 SRs, niedrige bis moderate Evidenzsicherheit).
Schmerz: Schmerzverbesserungen wurden in einer SR berichtet (sehr niedrige bis moderate Evidenzqualität). Eine Studie in der Palliativversorgung bestätigt dies, während die Evidenz bei kolorektalen Krebspatient*innen nach Operation widersprüchlich ist (niedrige Evidenzsicherheit).
Dieser Abschnitt ist eine Zusammenfassung aus dem Eintrag der Monographie auf Cam-Cancer (2024), der in englischer Sprache verfügbar ist. Eine genaue Darstellung und Bewertung der Ergebnisse der ausgewerteten Studien findet sich dort.
Aussagen in Leitlinien
Die Leitlinie der AWMF zur Komplementärmedizin (2024) erwähnt PMR nicht. Die S3-Leitlinie Psychoonkologie (2023) fasst PMR Unter Entspannungsverfahren zusammen, die "bei KrebspatientInnen unabhängig vom Belastungsgrad angeboten werden können."
Sicherheit
PMR gilt als sicher mit wenigen unerwünschten Wirkungen. Leichte Bedenken bestehen bei Patient*innen mit psychiatrischen Vorerkrankungen, da Entspannungstechniken in seltenen Fällen Unwohlsein oder Angst verstärken können. Solche Fälle sind jedoch selten und reversibel.
Literatur
Siehe Eintrag CAM-Cancer 2024 https://cam-cancer.org/progressive-muscle-relaxation; letzter Zugriff 22.06.2025