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Kompetenznetz KOKON

Gewichtsverlust/Kachexie

# Einleitung

Kachexie ist bedingt durch eine komplexe metabolische Veränderung, welche durch eine systemische Inflammation wie sie auch bei Tumorerkrankungen vorkommt und dadurch bedingter Anorexie auftritt. Die Kachexie tritt mit fortgeschrittener Krankheitssituation zunehmend häufiger auf. Durch die Aktivierung kataboler Stoffwechselwege mit Verlust an Muskelmasse kann auch trotz adäquater Kalorienzufuhr dieser Prozess nicht unterbrochen werden, was die Komplexität der Kachexie unterstreicht. Neben den funktionellen Veränderungen, der reduzierten Lebensqualität und vermehrter Chemotherapie Toxizität, ist die Kachexie mit einer verkürzten Überlebenszeit assoziiert.

# Wissen aus klinischen Studien

Die Auswertung der klinischen Studien zu den einzelnen Verfahren ergibt folgendes Bild (Stand 2023):

  • einen Anhaltspunkt für die Wirksamkeit von Cannabinoide zur appetitsteigernden Wirkung ohne Beeinflussung des Körpergewichtes (Stand 10/20)

  • einen Anhaltspunkt für die Wirksamkeit von L-Carnitin auf die Tumorkachexie mindern (Stand 06/18)

  • einen Anhaltspunkt für die Wirksamkeit von maritinen Omega-3 Fettsäuren zur Stabilisierung des Körpergewichtes von Patienten mit nicht-klein-zelligem Lungenkarzinom und kolorektalem Karzinom, die eine Tumortherapie erhalten. Dies trifft nicht zu für Patienten, die aufgrund der bereits fortgeschrittenen Tumorerkrankung keine Tumortherapie mehr erhalten oder für Patienten mit HNO-Tumoren in der perioperativen Phase (Stand 07/18)

  • Die Studienergebnisse waren widersprüchlich oder nicht aussagefähig Melatonin bei der Therapie der Tumorkachexie (Stand 08/18)

# Aussagen in deutschsprachigen Leitlinien

S3-LL klinische Ernährung in der Onkologie ((DGEM), 2015)

  • Die S3-LL klinische Ernährung empfiehlt ein Screening auf Mangelernährung für alle onkologischen Patienten mit validierten und international etablierten Instrumenten wie dem NRS-2002/MUST und bei Auffälligkeiten eine weitergehende Diagnostik.

Therapie

  • Entgegenwirken der systemischen Inflammation, dem Muskelabbau und der Appetitminderung

  • Definition unzureichende Nahrungszufuhr, wenn für mehrere Tage eine orale Nahrungszufuhr von weniger als 500 kcal/Tag (Nahrungskarenz) oder wenn für länger als 1 – 2 Wochen eine orale Nahrungszufuhr von nicht mehr als 75 % des Bedarfes erwartet wird.

  • Bei palliativer Situation:

    • „können" Gestagene eingesetzt werden, die den Appetit und das Körpergewicht steigern, jedoch die Körpermagermasse nicht erhöhen, Nebenwirkungen haben (Impotenz, Thrombembolien, Nebenniereninsuffizienz) und in Deutschland dafür nicht zugelassen sind (off-label).

    • „können“ kurzfristig Kortikosteroide eingesetzt werden.

  • Schließlich „können“ bei Patienten mit Tumorkachexie Eicosapentaensäurepräparate eingesetzt werden

  • Es „kann erwogen werden“, bei Patienten mit Tumorkachexie und Geschmacksstörungen Cannabispräparate einzusetzen.

  • Daneben gibt es eine Reihe von Substanzen, die nicht direkt den Appetit steigern, sondern z.B. zur Gewichtszunahme oder Erhalt der Muskelmasse (z.B: Methylbutyrat, Insulin, NSAR (Ibuprofen, Indometacin), supportive Magen-Darm-Therapeutika wie Trinknahrung) „eingesetzt werden können“.

  • Abgesehen davon gibt sie keine Empfehlung zum Einsatz anderer Substanzen wie Ghrelin, IL-6-Antikörper, JAK1/2-Inhibitoren, TNF-alpha-Inhibitoren, Thalidomid, Proteasominhibitoren, ATP-Infusionen, IL-15-Agonisten, und MEK-Inhibitoren und L-Carnitin.

S3-LL Komplementärmedizin bei onkologischen Erkrankungen (2021)

  • Die S3-LL Komplementärmedizin gibt ebenfalls keine Empfehlung zum Einsatz von L-Carnitin.

  • Die Gabe von Glutamin wird nicht empfohlen. Die S3-LL Komplementärmedizin sieht für eine Empfehlung „keine ausreichenden Daten“.