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Reizstromverfahren (Calmare®)

Hintergrund

Das Reizstromverfahren („scrambler therapy") mit dem Gerät MC5-A Calmare® soll mittels Algorithmus berechneter transkutaner Elektrostimulation verschiedene Aktionspotentiale abgeben, was zu einer Schmerzhemmung führen soll („…nonpain information to the cutaneous nerves…" von Smith TJ 2010). Die pathophysiologischen Überlegungen und eine genauere Darstellung des Verfahrens erfolgen hier nicht und können in Majithia (2016: „Scrambler Therapy for the management of chronic pain") nachgelesen werden. Dieses Verfahren ist ähnlich aber nicht gleich dem Reizstromverfahren TENS. Das Reizstromverfahren Calmare® wurde bei Schmerzzuständen unterschiedlicher Ätiologie angewendet und in klinischen Studien untersucht. Es handelt sich bei dem Reizstromverfahren mit dem Gerät MC5-A Calmare® um ein patentiertes, stationäres Gerät. Der Erwerb ist nur über den Hersteller möglich. Eine fachliche Begleitung ist erforderlich. Das Gerät ist nicht für eine Selbstanwendung gedacht, weswegen ein Therapeut gefunden werden muss.

Wirksamkeit

Zum Einsatz in der onkologischen Supportivtherapie gibt es Ergebnisse aus Interventionsstudien zu folgenden Indikationen:

  • Therapie der Chemotherapie-induzierten peripheren Neuropathie (CIPN) Die einzige randomisierte Studie, die einen Anhaltspunkt für eine fehlende Wirksamkeit gibt weist erhebliche methodische Limitationen auf. Da es einen Anhaltspunkt für eine Wirksamkeit aus nicht randomisierten Studien gibt und für dieses Verfahren keine wesentlichen unerwünschten Wirkungen beschrieben wurden, könnte es einen klinischen Stellenwert haben, welcher in robusten Studien nachgewiesen werden sollte. Hierzu ausgewertete Studien:

    • In der doppelblinden, Scheinbehandlungskontrollierten Studie von Campbell (2013) wurden Patienten mit neuropathischen Schmerzen mutmaßlich nach Chemotherapie aufgenommen und erhielten entweder eine Behandlung mittels des Reizstromverfahrens Calmare® oder eine aktive Scheinbehandlung. Zwischen den Gruppen konnte kein signifikanter Unterschied bzgl. Schmerzen und in den neurosensorischen Untersuchungen festgestellt werden.

    • In der nicht kontrollierten, nicht vergleichenden, interventionellen Studie von Coyne (2013) erhielten Patienten mit CIPN induziert durch Taxane, Platinderivate, Vinca Alkaloide und deren Kombinationen eine Therapie mit dem Reizstromverfahren Calmare®. Es konnte nach 10tägiger Therapie eine signifikante Verbesserung der neuropathischen Beschwerden gegenüber dem Ausgangswert, festgestellt werden. 

    • In der nicht kontrollierten, nicht vergleichenden, interventionellen Studie von Smith (2010) erhielten Patienten mit CIPN, induziert durch Taxane, Platinderivate, Bortezomib, Vinca Alkaloide und deren Kombinationen, eine Therapie mit dem Reizstromverfahren Calmare®. Nach 10tägiger Behandlung konnte eine signifikante Verbesserung der neuropathischen Beschwerden gegenüber dem Ausgangswert, festgestellt werden.

    • In der nicht kontrollierten, nicht vergleichenden, interventionellen Studie von Pachman (2015) erhielten Patienten mit CIPN induziert durch Taxane, Platinderivate, Vinca Alkaloide und deren Kombinationen eine Therapie mit dem Reizstromverfahren Calmare®. Nach 10tägiger Behandlung konnte eine signifikante Verbesserung der neuropathischen Beschwerden gegenüber dem Ausgangswert, festgestellt werden. 

    • Aus der einzigen randomisierten, doppelblinden und Scheinbehandlungskontrollierten Studie gibt es einen Anhaltspunkt für die fehlende Wirksamkeit des Reizstromverfahrens Calmare® zur Therapie der CIPN, während es aus drei nicht-randomisierten, nicht kontrollierten Studien einen Anhaltspunkt für eine Wirksamkeit gibt.

Aussagen in Leitlinien

Die Leitlinie der AWMF zur Komplementärmedizin (2024) sowie die Leitlinie zur Supportivtherapie bei onkologischen Patient*innen (2025) erwähnen das Reizstromverfahren (Calmare®) nicht.

Sicherheit

Es wurden in den veröffentlichten Studien keine unerwünschten Wirkungen beschrieben. Patienten mit Herzschrittmachern wurden in den durchgeführten Studien ausgeschlossen.

Literatur

Campbell TC, Nimunkar AJ, Retseck J, EickhoffJC, Backonja M, Clearly JF, et al. "A randomized, double-blind study of "Scrambler" therapy versus sham for painful chemotherapy-induced peripheral neuropathy (CIPN)." (2013): 9635-9635.

Coyne PJ, Wan W, Dodson P, Swainey C, Smith TJ.A trial of Scrambler therapy in the treatment of cancer pain syndromes and chronic chemotherapy-induced peripheral neuropathy. J Pain Palliat Care Pharmacother. 2013 Dec;27(4):359-64.

Hershman DL, Lacchetti C, Dworkin RH, Lavoie Smith EM, Bleeker J, Cavaletti G, et al. Prevention and management of chemotherapy-induced peripheral neuropathy in survivors of adult cancers: American Society of Clinical Oncology clinical practice guideline. J Clin Oncol. 2014 Jun 20;32(18):1941-67.

Majithia N, Smith TJ, Coyne PJ, Abdi S, Pachman DR, Lachance D, et al. Scrambler Therapy for the management of chronic pain. Support Care Cancer. 2016 Jun;24(6):2807-14.

Lee SC, Park KS, Moon JY, Kim EJ, Kim YC, Seo H, et al. An exploratory study on the effectiveness of "Calmare therapy" in patients with cancer-related neuropathic pain: A pilot study. Eur J Oncol Nurs. 2016 Apr;21:1-7.

Pachman DR, Weisbrod BL, Seisler DK, Barton DL, Fee-Schroeder KC, Smith TJ, et al. Pilot evaluation of Scrambler therapy for the treatment of chemotherapy-induced peripheral neuropathy. Support Care Cancer. 2015 Apr;23(4):943-51.

Smith TJ, Coyne PJ, Parker GL, Dodson P, Ramakrishnan V. Pilot trial of a patient-specific cutaneous electrostimulation device (MC5-A Calmare®) for chemotherapy-induced peripheral neuropathy. J Pain Symptom Manage. 2010 Dec;40(6):883-91.