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Glutathion

Hintergrund

Glutathion ist ein im menschlichen Körper ubiquitär vorkommendes, endogen synthetisiertes Tripeptid bestehend aus den drei nicht-essentiellen Aminosäuren Glutamin, Cystein und Glycin. Glutathion kommt im menschlichen Organismus in reduzierter Form (GSH) und als oxidiertes Glutathion (GSSG) vor. Die beiden Formen bilden, zusammen mit der Glutathionperoxidase, ein für den Organismus zentrales Redoxsystem, welches Schutz vor radikalen Sauerstoffspezies gibt. Das Verhältnis von GSH zu GSSG liegt physiologischerweise bei weit über 400:1. Aufgrund der antioxidativen Wirkung wird GSH oft beworben und als Nahrungsergänzungsmittel verkauft. Allerdings ist die Bioverfügbarkeit von GSH bei oraler Gabe schlecht. (Allen 2011) In klinischen Studien wurde GSH parenteral appliziert. Glutathion zur intravenösen Applikation wird in der „Roten Liste" nicht aufgeführt, kann aber über die Internationale Apotheke bezogen werden. Bei der intravenösen Verabreichung ist eine fachliche Begleitung erforderlich. Der finanzielle Aufwand ist mäßig, so kosten 10 Ampullen á 600mg zwischen 30-50 €.

Wirksamkeit

Zum Einsatz in der onkologischen Supportivtherapie gibt es Ergebnisse aus Interventionsstudien zu folgenden Indikationen:

  • Prophylaxe der Chemotherapie-induzierten peripheren Neuropathie (CIPN). Zur Therapie der Chemotherapie-induzierten peripheren Neuropathie mit GSH gibt es keine Ergebnisse aus interventionellen Studien. Zusammenfassend gibt einen Hinweis für die Wirksamkeit parenteral verabreichtem Glutathion zur Prophylaxe der Oxaliplatin- und Cisplatin- induzierten Neuropathie, sowie einen Hinweis für fehlende Wirksamkeit und sogar potentiell schädliche Wirkung bei Taxan-induzierter Neuropathie; hierzu wurden folgende Studien ausgwertet:

    • Prophylaxe der Oxaliplatin-induzierten PN
      In der Studie von Cascinu (2002) erhielten 52 Patienten mit fortgeschrittenem kolorektalem Karzinom eine Oxaliplatin-haltige Chemotherapie und entweder GSH intravenös oder ein Placebo. CIPN wurde mittels neurophysiologischer und neurologischer Untersuchung (Grading nach NCI-CTC) erhoben. Im GSH Arm wurde eine signifikant geringere Inzidenz und Schwere der Oxaliplatin-induzierten PN festgestellt und die neurophysiologischen Messwerte verschlechterten sich nicht im Gegensatz zum Placebo-Arm.

    • In der Studie von Milla (2009) erhielten 27 Patienten mit kolorektalen Karzinomen zu einer Oxaliplatin-basierten Chemotherapie intravenös GSH oder ein Placebo. Wiederholte neurologische Untersuchungen (Grading nach NCI CTC) zeigten nach 12 Zyklen Chemotherapie in der GSH Gruppe eine signifikant geringere Schwere der Oxaliplatin-induzierten Neuropathie.

    • Prophylaxe der Cisplatin-induzierten PN
      In der Pilotstudie von Bogliun (1996) erhielten 54 Frauen mit Ovarialkarzinomen zu einer Cisplatin-Monotherapie entweder GSH intravenös oder keine Intervention. Ohne statistische Daten zu zeigen, berichteten die Autoren von geringeren Schweregraden der subjektiven Beschwerden sowie der sensomotorischen Ausfälle und geringeren Funktionsstörungen in den neurophysiologischen Untersuchungen in der Gruppe, die GSH erhalten hatte.

    • In der Studie von Colombo (1995) erhielten 33 Patientinnen mit einem Rezidiv eines Ovarial­karzinoms zu einer Monotherapie mit Cisplatin GSH intravenös vor der Chemotherapie oder keine Intervention. In dieser Studie wurden eine nicht weiter spezifizierte neurologische Untersuchung erhoben sowie neurophysiologische Tests durchgeführt, die einen Trend zugunsten einer geringeren Neurotoxizität und besseren neurophysiologischen Messwerten im GSH Arm zeigte.

    • In der Studie von Smyth (1997) erhielten 151 Patientinnen zu einer Cisplatin-Monotherapie bei Ovarialkarzinom entweder GSH intravenös oder ein Placebo. Die Autoren fanden keine Unterschiede in der von den Studienärzten erhobenen Neurotoxizität (mittels NCI-CTC) zwischen den Gruppen. Sie berichteten aber, dass Patienten der GSH-Gruppe signifikant weniger Symptome, wie Kribbeln in Händen und Füßen beklagt hatten (gemessen mittels Rot­terdam Symptom Checklist).

    • In der Studie von Schmidinger (2000) erhielten 20 Patienten mit Bronchialkarzinomen oder HNO-Tumoren zu einer Cisplatin-basierten Chemotherapie intravenös GSH oder keine Intervention. In beiden Gruppen traten keine Cisplatin-induzierte PN auf und die neurophysiolo­gischen Untersuchungen unterschieden sich nicht.

    • In der Studie von Cascinu (1995) erhielten 50 Patienten mit einem Magenkarzinom zu einer Cisplatin-basierten Chemotherapie ein Placebo oder intravenös GSH. In dieser Studie wurde GSH bzw. Placebo vor jeder Chemotherapie sowie an den Tagen 2 bis 5 jeweils intramuskulär verabreicht. Mit GSH war die Inzidenz und Schwere, der vom Arzt erhobenen neuropathischen Befunde, signifikant geringer und es traten im Gegensatz zur Kontrollgruppe keine signifikanten Funktionsstörungen in den neurophysiologischen Untersuchungen auf.

    • Prophylaxe der Paclitaxel-Carboplatin-induzierten PN
      In der Studie von Leal (2014) erhielten 185 Frauen mit einem Ovarialkarzinomen Paclitaxel (wöchentlich oder 3-wöchentlich) kombiniert mit Carboplatin. Eine Gruppe erhielt GSH (intravenös) während die andere Gruppe ein Placebo erhielt. Primärer Endpunkt war die durch die Patientinnen berichtete Schwere der CIPN (gemessen mittels EORTC-QLQ-CIPN20). In den sekundären Endpunkten wurde Arzt erhobene (NCI CTCAE) und Patientinnen berichtete Ergebnisse (acute pain score und FACT-O) erfasst. Die Autoren dieser Studie berichteten, dass die intravenöse Gabe von GSH im Vergleich zu Placebo weder zu geringeren CIPN-assoziierte Beschwerden, noch zu einer geringe­ren Rate an vom Arzt eingeschätzten CIPN führte. Als Nebenergebnis fanden die Autoren, dass es in der Gruppe der Patientinnen die Paclitaxel wöchentlich erhielten unter GGSH zu einer signi­fikanten Zunahme des akuten Paclitaxel Schmerzsyndoms kam.

    • Zur Prophylaxe der Cisplatin-induzierten PN sind die Ergebnisse nicht ganz einheitlich. Die Ergebnisse von drei Studien geben zusammengenommen einen Hinweis, dass GSH das Auftreten und die Ausprägung sowohl neuropathischer Symptome als auch sensomotorischer Ausfälle vermindern kann (Cascinu 1995, Bugliun 1996, Colombo 1995), während eine Studie nur über verminderte neuropathische Symptome und keine Auswirkung auf sensomotorische Ausfälle berichtet (Smyth 1997). Die Ergebnisse von drei Studien geben zusammengenommen einen Hinweis, dass die protektiven Wirkungen von GSH auch in quantitativen neurophysiologischen Tests nachzuweisen sind (Cascinu 1995, Bugliun 1996, Colombo 1995).

    • Eine Studie gibt einen Hinweis darauf, dass Glutathion weder Inzidenz noch die Schwere einer PN induziert durch die Kombinationschemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin vermindert und möglicherweise sogar zu einer Zunahme eines akuten Paclitaxel-Schmerzsyndroms bei wöchentlicher Gabe von Paclitaxel führt. (Leal 2014)

Aussagen in Leitlinien

Die Leitlinie der AWMF zur Komplementärmedizin (2024) sowie die Leitlinie zur Supportivtherapie bei onkologischen Patient*innen (2025) erwähnen Glutathion in den Empfehlungen nicht.

Sicherheit

In den Studien zu Glutathion in der Prophylaxe der Chemotherapie induzierten peripheren Neuropathie waren keine unerwünschten Wirkungen aufgetreten. Da Glutathion ein starkes Antioxidanz ist, ist eine biochemische Wechselwirkung oder Wirkungsabschwächung bestimmter Chemotherapien denkbar.

Literatur

Allen J, Bradley RD. Effects of oral glutathione supplementation on systemic oxidative stress bio-markers in human volunteers. J Altern Complement Med. 2011 Sep;17(9):827-33.

Albers JW, Chaudhry V, Cavaletti G, Donehower RC. Interventions for preventing neuropathy caused by cisplatin and related compounds. Cochrane Database Syst Rev. 2014 Mar 31;(3):CD005228.

Bogliun G, Marzorati L, Marzola M, Miceli MD, Cantù MG, Cavaletti G. Neurotoxicity of cisplatin +/- reduced glutathione in the first-line treatment of advanced ovarian cancer. International Journal of Gynecological Cancer. 1996 Sep/Oct;6(5): 415-419.

Cascinu S, Catalano V, Cordella L, Labianca R, Giordani P, Baldelli AM et al. Neuroprotective effect of reduced glutathione on oxaliplatin-based chemotherapy in advanced colorectal cancer: a random-ized, double-blind, placebo-controlled trial. J Clin Oncol. 2002 Aug 15;20(16):3478-83.

Cascinu S, Cordella L, Del Ferro E, Fronzoni M, Catalano G.Neuroprotective effect of reduced glutathi¬one on cisplatin-based chemotherapy in advanced gastric cancer: a randomized double-blind pla¬cebo-controlled trial.J Clin Oncol. 1995 Jan;13(1):26-32.

Colombo N, Bini S, Miceli D, Bogliun G, Marzorati L, Cavaletti G, et al. Weekly cisplatin +/- glutathione in relapsed ovarian carcinoma. Int J Gynecol Cancer. 1995 Mar;5(2):81-86.

Hershman DL, Lacchetti C, Dworkin RH, Lavoie Smith EM, Bleeker J, Cavaletti G, et al. Prevention and management of chemotherapy-induced peripheral neuropathy in survivors of adult cancers: Ameri¬can Society of Clinical Oncology clinical practice guideline. J Clin Oncol. 2014 Jun 20;32(18):1941-67.

Leal AD, Qin R, Atherton PJ, Haluska P, Behrens RJ, Tiber CH, et al. North Central Cancer Treatment Group/Alliance trial N08CA-the use of glutathione for prevention of paclitaxel/carboplatin-induced peripheral neuropathy: a phase 3 randomized, double-blind, placebo-controlled study. Cancer. 2014 Jun 15;120(12):1890-7.

Milla P, Airoldi M, Weber G, Drescher A, Jaehde U, Cattel L. Administration of reduced glutathione in FOLFOX4 adjuvant treatment for colorectal cancer: effect on oxaliplatin pharmacokinetics, Pt-DNA adduct formation, and neurotoxicity. Anticancer Drugs. 2009 Jun;20(5):396-402.

Schmidinger M, Budinsky AC, Wenzel C, Piribauer M, Brix R, Kautzky M, et al. Glutathione in the preven¬tion of cisplatin induced toxicities. A prospectively randomized pilot trial in patients with head and neck cancer and non small cell lung cancer. Wien Klin Wochenschr. 2000 Jul 28;112(14):617-23.

Smyth JF, Bowman A, Perren T, Wilkinson P, Prescott RJ, Quinn KJ, et al. Glutathione reduces the toxicity and improves quality of life of women diagnosed with ovarian cancer treated with cisplatin: results of a double-blind, randomised trial. Ann Oncol. 1997 Jun;8(6):569-73.

Evidenzbasierte Zusammenfassung
Acht randomisierte, interventionelle Studien untersuchten die Frage, ob parenteral appliziertes Glutathion (GSH) eine prophylaktische Wirksamkeit auf die periphere Neuropathie (PN), verursacht durch unterschiedliche Chemotherapeutika, hat.

Ausgewertete Studien
Prophylaxe der Oxaliplatin-induzierten PN
In der Studie von Cascinu (2002) erhielten 52 Patienten mit fortgeschrittenem kolorektalem Karzinom eine Oxaliplatin-haltige Chemotherapie und entweder GSH intravenös oder ein Placebo. CIPN wurde mittels neurophysiologischer und neurologischer Untersuchung (Grading nach NCI-CTC) erhoben. Im GSH Arm wurde eine signifikant geringere Inzidenz und Schwere der Oxaliplatin-induzierten PN festgestellt und die neurophysiologischen Messwerte verschlechterten sich nicht im Gegensatz zum Placebo-Arm.

In der Studie von Milla (2009) erhielten 27 Patienten mit kolorektalen Karzinomen zu einer Oxaliplatin-basierten Chemotherapie intravenös GSH oder ein Placebo. Wiederholte neurologische Untersuchungen (Grading nach NCI CTC) zeigten nach 12 Zyklen Chemotherapie in der GSH Gruppe eine signifikant geringere Schwere der Oxaliplatin-induzierten Neuropathie.

Prophylaxe der Cisplatin-induzierten PN
In der Pilotstudie von Bogliun (1996) erhielten 54 Frauen mit Ovarialkarzinomen zu einer Cisplatin-Monotherapie entweder GSH intravenös oder keine Intervention. Ohne statistische Daten zu zeigen, berichteten die Autoren von geringeren Schweregraden der subjektiven Beschwerden sowie der sensomotorischen Ausfälle und geringeren Funktionsstörungen in den neurophysiologischen Untersuchungen in der Gruppe, die GSH erhalten hatte.

In der Studie von Colombo (1995) erhielten 33 Patientinnen mit einem Rezidiv eines Ovarial­karzinoms zu einer Monotherapie mit Cisplatin GSH intravenös vor der Chemotherapie oder keine Intervention. In dieser Studie wurden eine nicht weiter spezifizierte neurologische Untersuchung erhoben sowie neurophysiologische Tests durchgeführt, die einen Trend zugunsten einer geringeren Neurotoxizität und besseren neurophysiologischen Messwerten im GSH Arm zeigte.

In der Studie von Smyth (1997) erhielten 151 Patientinnen zu einer Cisplatin-Monotherapie bei Ovarialkarzinom entweder GSH intravenös oder ein Placebo. Die Autoren fanden keine Unterschiede in der von den Studienärzten erhobenen Neurotoxizität (mittels NCI-CTC) zwischen den Gruppen. Sie berichteten aber, dass Patienten der GSH-Gruppe signifikant weniger Symptome, wie Kribbeln in Händen und Füßen beklagt hatten (gemessen mittels Rot­terdam Symptom Checklist).

In der Studie von Schmidinger (2000) erhielten 20 Patienten mit Bronchialkarzinomen oder HNO-Tumoren zu einer Cisplatin-basierten Chemotherapie intravenös GSH oder keine Intervention. In beiden Gruppen traten keine Cisplatin-induzierte PN auf und die neurophysiolo­gischen Untersuchungen unterschieden sich nicht.

In der Studie von Cascinu (1995) erhielten 50 Patienten mit einem Magenkarzinom zu einer Cisplatin-basierten Chemotherapie ein Placebo oder intravenös GSH. In dieser Studie wurde GSH bzw. Placebo vor jeder Chemotherapie sowie an den Tagen 2 bis 5 jeweils intramuskulär verabreicht. Mit GSH war die Inzidenz und Schwere, der vom Arzt erhobenen neuropathischen Befunde, signifikant geringer und es traten im Gegensatz zur Kontrollgruppe keine signifikanten Funktionsstörungen in den neurophysiologischen Untersuchungen auf.

Prophylaxe der Paclitaxel-Carboplatin-induzierten PN
In der Studie von Leal (2014) erhielten 185 Frauen mit einem Ovarialkarzinomen Paclitaxel (wöchentlich oder 3-wöchentlich) kombiniert mit Carboplatin. Eine Gruppe erhielt GSH (intravenös) während die andere Gruppe ein Placebo erhielt. Primärer Endpunkt war die durch die Patientinnen berichtete Schwere der CIPN (gemessen mittels EORTC-QLQ-CIPN20). In den sekundären Endpunkten wurde Arzt erhobene (NCI CTCAE) und Patientinnen berichtete Ergebnisse (acute pain score und FACT-O) erfasst. Die Autoren dieser Studie berichteten, dass die intravenöse Gabe von GSH im Vergleich zu Placebo weder zu geringeren CIPN-assoziierte Beschwerden, noch zu einer geringe­ren Rate an vom Arzt eingeschätzten CIPN führte. Als Nebenergebnis fanden die Autoren, dass es in der Gruppe der Patientinnen die Paclitaxel wöchentlich erhielten unter GGSH zu einer signi­fikanten Zunahme des akuten Paclitaxel Schmerzsyndoms kam.
 
Zur Prophylaxe der Cisplatin-induzierten PN sind die Ergebnisse nicht ganz einheitlich. Die Ergebnisse von drei Studien geben zusammengenommen einen Hinweis, dass GSH das Auftreten und die Ausprägung sowohl neuropathischer Symptome als auch sensomotorischer Ausfälle vermindern kann (Cascinu 1995, Bugliun 1996, Colombo 1995), während eine Studie nur über verminderte neuropathische Symptome und keine Auswirkung auf sensomotorische Ausfälle berichtet (Smyth 1997). Die Ergebnisse von drei Studien geben zusammengenommen einen Hinweis, dass die protektiven Wirkungen von GSH auch in quantitativen neurophysiologischen Tests nachzuweisen sind (Cascinu 1995, Bugliun 1996, Colombo 1995).

Eine Studie gibt einen Hinweis darauf, dass Glutathion weder Inzidenz noch die Schwere einer PN induziert durch die Kombinationschemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin vermindert und möglicherweise sogar zu einer Zunahme eines akuten Paclitaxel-Schmerzsyndroms bei wöchentlicher Gabe von Paclitaxel führt. (Leal 2014)

Zur Therapie der Chemotherapie-induzierten peripheren Neuropathie mit GSH gibt es keine Ergebnisse aus interventionellen Studien.

Folgerungen für die Praxis
Angesichts der Studienergebnisse könnte intravenös appliziertes GSH einen Stellenwert bei der Prophylaxe der Oxaliplatin-induzierten PN haben.

Auch zur Prophylaxe der Cisplatin-induzierten PN lassen die Ergebnisse einen Stellenwert in der supportiven Therapie vermuten, allerdings sollten die Studienergebnisse von Cascinu (1995), die GSH parenteral über insgesamt fünf Tage verabreichten, repliziert werden.

Zur Prophylaxe der PN bei Paclitaxel-Carboplatin-haltigen Chemotherapien erscheint GSH ungeeignet. Es besteht möglicherweise sogar das Risiko der Verstärkung Paclitaxel-induzierter Schmerzsyndrome.

Aussagen in Leitlinien
Die Leitlinie der ASCO (Hershman 2014) bewertete sieben Studien (Bogliun 1996, Cascinu 1995, Cascinu 2002, Leal 2014, Milla 2009, Schmidinger 2000, Smyth 1997). Die Studie von Colombo (1995) wurde nicht in die Leitlinie aufgenommen. Die Autoren sprechen eine Empfehlung gegen den prophylaktischen Einsatz von GSH bei Kombinationschemotherapien mit Paclitaxel und Carboplatin aus („moderate against") und keine Empfehlung für den prophylaktischen Einsatz bei Cisplatin- und Oxaliplatin-haltigen Chemotherapien („inconclusive").

Die S3-Leitlinie der AWMF (2017) hat alle acht o.g. Studien bewertet und spricht eine generelle „soll" Empfehlung gegen den Einsatz von GSH zur Prophylaxe einer Chemotherapie-induzierten PN aus.

Ergebnisse systematischer Übersichtsarbeiten
Die Autoren eines Cochrane Reviews (Albers 2014) haben bis auf die Studie von Leal et al. (2014) alle oben genannten Studien eingeschlossen und sahen für GSH zwar einen möglichen protektiven Effekt für die durch Platinderivate induzierte PN, allerdings hielten sie den Gesamteffekt für nicht sicher abschätzbar, aufgrund der eingeschränkten Ergebnissicherheit der Studien.

Literatur
Albers JW, Chaudhry V, Cavaletti G, Donehower RC. Interventions for preventing neuropathy caused by cisplatin and related compounds. Cochrane Database Syst Rev. 2014 Mar 31;(3):CD005228.

Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen - Langversion 1.1, 2017, AWMF Registernummer: 032/054OL, http://leitlinienprogramm-onkologie.de/Supportive-Therapie.95.0.html (Zugriff am 25.01.2018)Complement Ther Clin Pract. 2016 Aug;24:189-94.

Bogliun G, Marzorati L, Marzola M, Miceli MD, Cantù MG, Cavaletti G. Neurotoxicity of cisplatin +/- reduced glutathione in the first-line treatment of advanced ovarian cancer. International Journal of Gynecological Cancer. 1996 Sep/Oct;6(5): 415-419.

Cascinu S, Catalano V, Cordella L, Labianca R, Giordani P, Baldelli AM et al. Neuroprotective effect of reduced glutathione on oxaliplatin-based chemotherapy in advanced colorectal cancer: a random-ized, double-blind, placebo-controlled trial. J Clin Oncol. 2002 Aug 15;20(16):3478-83.

Cascinu S, Cordella L, Del Ferro E, Fronzoni M, Catalano G.Neuroprotective effect of reduced glutathi¬one on cisplatin-based chemotherapy in advanced gastric cancer: a randomized double-blind pla¬cebo-controlled trial.J Clin Oncol. 1995 Jan;13(1):26-32.

Colombo N, Bini S, Miceli D, Bogliun G, Marzorati L, Cavaletti G, et al. Weekly cisplatin +/- glutathione in relapsed ovarian carcinoma. Int J Gynecol Cancer. 1995 Mar;5(2):81-86.

Hershman DL, Lacchetti C, Dworkin RH, Lavoie Smith EM, Bleeker J, Cavaletti G, et al. Prevention and management of chemotherapy-induced peripheral neuropathy in survivors of adult cancers: Ameri¬can Society of Clinical Oncology clinical practice guideline. J Clin Oncol. 2014 Jun 20;32(18):1941-67.

Leal AD, Qin R, Atherton PJ, Haluska P, Behrens RJ, Tiber CH, et al. North Central Cancer Treatment Group/Alliance trial N08CA-the use of glutathione for prevention of paclitaxel/carboplatin-induced peripheral neuropathy: a phase 3 randomized, double-blind, placebo-controlled study. Cancer. 2014 Jun 15;120(12):1890-7.

Milla P, Airoldi M, Weber G, Drescher A, Jaehde U, Cattel L. Administration of reduced glutathione in FOLFOX4 adjuvant treatment for colorectal cancer: effect on oxaliplatin pharmacokinetics, Pt-DNA adduct formation, and neurotoxicity. Anticancer Drugs. 2009 Jun;20(5):396-402.

Schmidinger M, Budinsky AC, Wenzel C, Piribauer M, Brix R, Kautzky M, et al. Glutathione in the preven¬tion of cisplatin induced toxicities. A prospectively randomized pilot trial in patients with head and neck cancer and non small cell lung cancer. Wien Klin Wochenschr. 2000 Jul 28;112(14):617-23.

Smyth JF, Bowman A, Perren T, Wilkinson P, Prescott RJ, Quinn KJ, et al. Glutathione reduces the toxicity and improves quality of life of women diagnosed with ovarian cancer treated with cisplatin: results of a double-blind, randomised trial. Ann Oncol. 1997 Jun;8(6):569-73.