Hintergrund
Wirksamkeit
Sicherheit
Die Bezeichnung Ginseng umfasst verschiedene Pflanzenarten der Gattung Panax. Zur Drogengewinnung werden hauptsächlich die Arten Panax ginseng (koreanischer Ginseng, asiatischer Ginseng) und Panax quinquefolius (amerikanischer Ginseng, Wisconsin Ginseng) kultiviert. Gemäß der EMA wird die Wurzel von P. ginseng als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Andere Präparate sind häufig vom Ginsenosidgehalt unterdosiert oder enthalten gegebenenfalls gar kein Ginseng. Zu den medizinischen Einsatzgebieten von Ginseng, die sich auf Daten der klinischen Forschung stützen, zählen die Kräftigung und Belebung bei Schwäche und Erschöpfungszuständen sowie bei allen Zuständen mit verringerter Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit.
Die sehr geringe Ergebnissicherheit der Studien zum Einsatz von Ginseng als tumorspezifische Therapie lassen zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage zur Wirksamkeit von Ginseng zur antitumorösen Therapie zu.
Für die supportive/palliative Therapie ist die Wirksamkeit von Ginseng auf Fatigue (n=9 Studien), Lebensqualität (n=5) und infektiöse Komplikationen (n=1) untersucht worden. Die Ergebnisse unterscheiden sich je nachdem, aus welcher Ginsengart und wie die Präparate zubereitet wurden.
Fatigue: Die Ergebnisse von zwei Studien (hohe Ergebnissicherheit) geben einen Hinweis, dass Präparate aus dem Pulver der getrockneten Wurzel des amerikanischen Ginsengs (P. quinquefolius) Fatigue-Symptome mindern [1, 2].
Die Ergebnisse der fünf Studien mit asiatischem Ginseng (P. ginseng) unterschieden sich je nach Art der Behandlung der Ginsengwurzel. Die Ergebnisse von zwei Studien geben einen Hinweis darauf, dass Präparate aus der getrockneten Wurzel Fatigue-Symptome nicht stärker lindern als Placebotherapien (hohe Ergebnissicherheit) [3, 4]. Die Ergebnisse der drei anderen Studien mit Präparaten aus hitzebehandelten Wurzeln [5- 7] geben einen Hinweis darauf, dass hiermit Fatigue-Symptome gemindert werden können (moderate Ergebnissicherheit).Lebensqualität: Amerikanischer Ginseng (P. quinquefolius): eine Studie gibt einen Anhaltspunkt, dass Präparate aus dem Pulver der getrockneten Wurzel die Lebensqualität während oder nach der Chemo- oder Strahlentherapie verbessern [1].
Asiatischer Ginseng (P. ginseng): eine Studie gibt einen Hinweis, dass ein Präparat aus der getrockneten Wurzel die Lebensqualität nicht stärker verbessert, als eine Placebotherapie [3], während zwei Studien einen Anhaltspunkt geben, dass Präparate aus der hitzebehandelten Wurzel die Lebensqualität verbessert [5, 8].Infektiöse Komplikationen: Die Ergebnisse einer Studie geben einen Hinweis, dass ein Polysaccharidextrakt aus amerikanischem Ginseng (P. quinquefolius) bei Patienten mit Chronischer Lymphatischer Leukämie (CLL) zwar nicht die Häufigkeit von Atemwegsinfekten, aber die Ausprägung der Symptome mindern kann [9].
Präparate aus P. ginseng und P. quinquefolius werden nur mit geringfügigen unerwünschten Arzneimittelwirkungen in Verbindung gebracht. Diese sind dosisabhängig, treten gelegentlich auf, sind reversibel und äußern sich als gastrointestinale Unverträglichkeiten, Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Das Risiko für Arzneimittelinteraktionen ist gering.
Literatur
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Fragen und Antworten
Stellungnahme
Panax ginseng (PG) wird schon seit vielen Jahrhunderten bei unterschiedlichen Erkrankungen und wohl auch bei Brustkrebs im asiatischen Bereich gegeben. In einer Untersuchung aus Taiwan über die Stoffe, die bei Brustkrebs gegeben werden, ist PG eines der am häufigsten verschriebenen TCM Medikamente.
Die Ergebnisse präklinischer Studien sind heterogen. In manchen Studien konnte ein phytoöstrogener Effekt mit Wachstumsstimulierung Hormon-sensitiver Brustkrebszellen nachgewiesen werden, während dies in anderen Studien nicht nachgewiesen werden konnte.
Trotz des womöglich breiten PG Gebrauchs fehlen randomisierte kontrollierte Studien, die PG als Intervention bei Frauen mit Brustkrebs untersuchten.
Es existiert nur eine klinische Beobachtungsstudie von Cui 2006, die Ginseng bei Brustkrebs untersucht. In dieser wurde die regelmäßige Einnahme von Ginseng vor der Diagnose und der Einfluss auf das Überleben untersucht. Die Patientinnen wurden nach der Diagnose Brustkrebs nach damaligen Standards (Operation, Strahlentherapie und/oder Chemotherapie) behandelt. Hier konnte gezeigt werden, dass das Überleben der Patientinnen mit regelmäßiger Ginseng Einnahme signifikant besser war. Allerdings hat diese Studie mehrere Einschränkungen. Zudem wurde nicht untersucht ob die Einnahme Ginseng nach der Diagnose Brustkrebs Einfluss auf das Überleben hat.
Ein tatsächlicher endokriner Effekt beim Menschen durch Ginsenoside scheint unwahrscheinlich. Ein negativer Einfluss von Ginseng bei Frauen mit Hormon sensitivem Brustkrebs scheint nach der Zusammenschau der Ergebnisse aus den Studien sehr unwahrscheinlich zu sein.
Literatur
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